Jesper Munk Andersen und Naja Østergaard:
2008 Nationalpark Thy Spättracht (Dünenheide)
Seit dem Besuch bei Lisbet und Jens Mogensen bin ich wild darauf, zu probieren, wie sich die Dünenheide auf der Insel Thy im Honig abbildet. Unser Reisetermin ist für die diesjährige Spättracht leider zu früh. Aber irgendwo muß es doch noch Honig aus dem Vorjahrgang geben. Also: suchen. Doch die unbekannte Schöne versteckt sich hartnäckig.
Die verheißungsvollen Honig-aus-eigener-Imkerei-Schilder entpuppen sich als Fata Morgana, was den Stoff der Begierde angeht. Entweder ist der letztjährige ausverkauft, oder man soll mit Plagiaten abgespeist werden (zugekaufter Heidehonig aus dem Süden des Landes! Nana…), oder der Honig hat nicht überlebt: Heidehonig ist wegen seines sehr hohen Wassergehaltes eine Prinzessin auf der Erbse; ein paar Lagerungsfehler, und er fängt an zu gären.
Kurz vor der Heimreise dann in dem Küstendorf Vorupør eine leere Bienenzarge mit Deckel vor einem kleinen Haus. Unter dem Deckel ein paar Becher mit hellem, kandiertem Honig, die obligatorische Geldbüchse und – ja! Da ist sie, die tief rotbraune Farbe, die ich gesucht habe. Kein Etikett, nur ein Hinweis, daß der Honig aus eigener Imkerei stammt.
Wer bist Du, schöner Honig? Ich klingle an der Haustür, aber nichts regt sich. Wie ärgerlich! Ich will wissen, wer mit seinen Bienen und seinem Handwerk dahinter steht. Wie er entstanden ist, woher er kommt, was ihn prägt. Soll dies ein blind date bleiben?
Soviel scheint wahrscheinlich: Es ist eine sehr kleine Imkerei des Pärchens, und es ist zu vermuten, daß der Honig entweder aus der Vangså oder der Ålvand Klithede kommt, den dem Dorf am nächsten liegenden, großen Heidegebieten. In den Wochen zuvor bin ich hindurchgewandert und habe die Naturschönheit dieser Landschaft lieben gelernt. Der neue Nationalpark Thy erstreckt sich über sagenhafte 244 km² entlang der Nordsee. Achtzig Kilometer Küste, und dahinter bis zum Horizont endlose Dünenheiden und Dünenwälder. Es ist windig dort, herb, sprachlos machend, wunderschön. Beim Rauschbeerensammeln im Abendlicht (um noch eins draufzusetzen: Man hörte die See noch aus 2 km Entfernung brausen) fällt auf, daß neben der Calluna, also dem klassischen Heidekraut, auch große Bestände von Glockenheide (Erica tetralix) dort stehen. Jens Mogensen hatte mir erzählt, daß die Blüte etwa 2 Wochen vor der Calluna einsetzt und die Imker versuchen, die Völker schon zu Beginn der Ericablüte in die Heide zu stellen, um beide Trachtanteile im Honig zu haben.
Zu Hause dann hinein mit dem Löffel. Die kräftige Thixotropie macht ein für Heide charakteristisches Sagofeeling auf der Zunge, dadurch fühlt sich der Honig trotz der mittleren Kandierung am Gaumen an wie ein Smoothie. So soll das sein bei einem guten Heidehonig. Das Bukett ist ungeheuer reichhaltig und dämmrig flackernd wie ein Kaminfeuer. Das Aromenspektrum rührt an Tabak, Leder und schwarzen Tee, mit leuchtender Wärme schon im Mittelteil und im nicht enden wollenden, heidetypischen Abgang. Das ist schlicht wundervoll und ganz anders als bei den mitteleuropäischen Heiden. Dazu eine sehr ausgeprägte, noble Bittere wie von dunkler Schokolade, auch die erscheint mir ungezähmter als bei den Heidehonigen, die ich im Kopf habe.
Bis zur Abreise macht mir bei meinen Klingelversuchen niemand die Tür auf. Bis heute weiß ich nicht, wo genau die Völker standen; ich stelle sie in Gedanken in die Vangså Hede. Weil es da so schön war und die Beeren so lecker.
Nach knapp zwei Monaten zu Hause, zum Glück erst kurz vor dem Ende des Bechers, verabschiedet sich der Honig und wirft erste Blasen. Damit muß man rechnen bei einjährigen Heideabfüllungen, so ist das Schicksal. Ade, unbekannte Schöne.
Beim Lesen Eurer Zeilen entstehen Bilder, Gefühle und bei mir auch Pfützen auf der Zunge- herrlich die Beschreibung der Honigtextur, des Geschmackes etc.
Mein Kompliment und klarer Ausdruck der Freude darüber, dass der universelle Qualitätsausgleich zu seinem Recht kommt- empfinde Euren Blog wahrhaft als Wohltat- Weiter so! Und Euch viel Freude dabei 🙂
imker-herzlich-bienenfreudig .Larissa